„Es gibt keine physikalisch begründeten Argumente, die Abwärmenutzung (und damit auch die Wärmerückgewinnung mit Lüftungssystemen) gegenüber der Nutzung erneuerbarer Energie als „Möglichkeit 2. Klasse“ zu behandeln“.
Ziel der Energiewende und des neuen GEG ist es, den Energiebedarf für Gebäude zu senken und die Restenergie ohne fossile Energieträger bereitzustellen. Dazu zwingt uns der Klimawandel und der Krieg in der Ukraine. Das geht technisch nur über den Einsatz von Wärmepumpen, Geothermie, Abwärme und Biomasse. Der Einsatz von „grünem“ Wasserstoff (H2) für die Gebäudebeheizung ist unwirtschaftlich und energetisch unsinnig, weil aus einer kWh Strom, über den Umweg Wasserstoff, nur ca. 0,6 kWh Wärme erzeugt werden können. Eine WP generiert demgegenüber 3-6 kWh Wärme aus einer kWh Strom und ist für die Beheizung immer effizienter. Zudem hat für Wasserstoffanwendungen zunächst der Verkehr und die industriellen Nutzungen Vorrang. Mehr dazu in dem Artikel von Dr. Schulze Darup: H2-ready – Hoffnungsträger oder fossiler Trojaner?
Wärmepumpen sind umso effizienter, je wärmer die Wärmequelle ist. Hier bietet sich die kalte Nahwärme an, gespeist durch z.B. Geothermie oder Abwärme aus industriellen Prozessen, Rechenzentren oder Kühlanlagen. Auf dieses Netz, das ein Temperaturniveau von nur ca. 12 Grad bereitstellt, greifen dann WP zu, die dadurch in der kalten Jahreszeit eine deutlich höhere Leistungszahl erreichen als Luft-Wärme-Pumpen.
Gleichzeitig müssen gut gedämmte und dichte Gebäude auch bewohnbar sein. Dazu ist ein Luftaustausch erforderlich, der die Feuchte abführt (Schimmelgefahr) und sicherstellt, dass die 1000 ppm CO2 als Wert für gute Luft nicht deutlich überschritten werden. Bei einem gedämmten Haus mit dichten Türen und Fenstern werden ca. 50% der Wärme für das Aufheizen der zuströmenden Außenluft benötigt. (Lüftungswärmeverlust) Mit einer Lüftung mit Wärmerückgewinnung (WRG) können davon 80% zurückgewonnen und der zuströmenden Luft zugeführt werden. Der elektrische Wirkungsgrad ist dabei sehr hoch. Mit einer kWh Strom können 11 bis 25 kWh Wärme zurückgeholt werden.
Eine WP in Ergänzung mit einer WRG kann ca. 30% kleiner ausfallen als ohne und läuft effizienter, weil sie kontinuierlicher betrieben werden kann. Dieses führt in der Kombination, so die Gutachter, zu einer deutlichen Entlastung der Stromnetze. Das ist bei einem Wohngebäudebestand von ca. 4 Mill. m² volkswirtschaftlich relevant. Siehe dazu auch die ITG-Studie: Wohnungslüftung mit Wärmerückgewinnung als nachhaltige Schlüsseltechnologie der Wärmewende.
Eine Modellsiedlung könnte demnach so aussehen:
Über ein zentrales Sondenfeld für Geothermie wird Wärme bereitgestellt, das in ungedämmten (!) Rohren, 1 m tief, bis zu 2 km verteilt wird und auf das einzelne WP zugreifen, die im jeweiligen Keller (!) stehen können. Lüftungsanlagen speisen über die Wärmerückgewinnung im Winter Wärme zurück in die Räume. Der erforderliche Strom wird – teilweise – über Solaranlagen auf den Dächern oder als aufgeständerte Solaranlage bereitgestellt. Das Regenwasser versickert und erhöht damit die Wärmeausbeute des Sondenfeldes. Über ein Lastmanagement wird sichergestellt, dass es nachts nicht zu einer Überlastung des Netzes führt, z.B. durch Abschaltung von Ladesäulen. Mehr zu kalter Nahwärme.
Die Gutachter schlagen folgendes vor:
- Stärkung der Position der Lüftung bei der Konzeptionierung von energieeffizienten, schadensfreien und gesunden Gebäuden (z.B. in zukünftigen Novellen des GEG).
- Energetische Gleichstellung der Reduzierung der vermeidbaren Lüftungswärmeverluste durch Wärmerückgewinnung mit der Nutzung von regenerativer Energie (z.B. im aktuellen GEG und in zukünftigen Novellen).
- Verbesserung der finanziellen Anreize für den Einsatz von Lüftungssystemen mit Wärmerückgewinnung bei der energetischen Bestandssanierung und im Neubau.
Bedarf es immer einer mechanischen Lüftung?
Dazu hat die Bundesarchitektenkammer und andere Institute eine umfangreiche Studie erstellen lassen, die zwar alle technischen Aspekte und rechtlichen Fragen umfassend beleuchtet, aber zu keiner eindeutigen Aussage kommt. Das Gutachten wurde beim AK-Energie am 5.9.23 vorgestellt und findet sich verlinkt bei Lüftungsanforderungen bei der Sanierung von Wohngebäuden.
Zusammenfassung der BAK-Studie:
Ein Lüftungskonzept und zwar sowohl gebäude- wie wohnungsscharf, ist zwingend erforderlich, sonst sind Planende und Vermieter nicht aus der Verantwortung. In der Regel wird es nicht mit reiner Fensterlüftung umsetzbar sein, schon gar nicht, wenn das GEG und die Energievorgaben beachtet werden. Vorgeschrieben sind Lüftungen aber nur bei gefangenen Räumen. Der Verordnungsgeber ist hier gefordert, endlich klare Regelungen zu schaffen. Das DIN-Institut kann dieses allein nicht leisten, da die Fachkommissionen auf Konsens hin arbeitet.
Die zentrale Aufgabe ist es, Strategien aufzuzeigen, wie Gebäude bei einem minimalen Einsatz von elektrischer Energie wärmepumpen-ready gemacht werden können. Siehe dazu den Vortrag vom 29.8.23. Dazu braucht es passgenaue Förder- und Beratungsstrukturen.