Ein Haus wie ein Daunenschlafsack

Ein Haus wie ein Daunenschlafsack

Ziel des Passivhausinstituts war es vor 20 Jahren, Anforderungen an ein Haus zu definieren, das einen hohen Wohnkomfort und hohe Behaglichkeit aufweißt. Das Passivhaus wird deshalb auch mit einem guten Daunenschlafsack verglichen, mit gleichmäßig warmen Oberflächen, gleichbleibendem behaglichen Innenklima, komfortabler, konstanter Temperatur, ohne Zugluft und einem möglichst hohen solaren Wärmegewinn.

Ein solches Haus ist auch ein Gebäude mit einem sehr niedrigen Heizenergiebedarf.
Beim Niedrigstenergie- oder Nullenergiehaus steht der möglichst geringe Primärenergiebedarf, wie er in der Gebäudeenergieeffizienzrichtlinie der EU definiert ist, im Vordergrund. In deutsches Recht umgesetzt stehen diese Anforderungen in der  Energieeinsparverordnung (EnEV), die in den nächsten Jahren weiter verschärft wird. Ab 2021 dürfen in der EU nur noch Niedrigstenergiehäuser (Zeroemission) gebaut werden.  Die Mitgliedsstaaten sind darüber hinaus verpflichtet, nationale Pläne zur Erhöhung der Zahl der Niedrigstenergiegebäude zu erstellen.

Was ist das Besondere am Passivhaus?
Häuser, die nach der Energieeinsparverordnung gebaut werden, gleichen sich Passivhäusern immer mehr an. Unterschiedlich ist der Blickwinkel.
Die Behaglichkeit verlangt eine hohe Fugendichtigkeit, gute Verarbeitung in den kritischen Bereichen, saubere Bauteilanschlüsse, vor allem an den Fenstern. Passivhausfenster müssen 3 Scheiben aufweisen, damit die Oberflächentemperatur auch bei -15 °C nicht unter 18 °C fällt. Die Wandisolation muß ebenfalls so ausgeführt werden, dass die Wand mindestens 18 °C aufweißt. Die Behaglichkeitstemperatur ergibt sich als Mittelwert aus niedrigster Wandoberflächentemperatur und der Innenraumtemperatur. Je höher also die Temperatur der Wandoberflächen ist, umso geringer kann die Innenraumtemperatur ausfallen, um 20 °C Behaglichkeit zu erreichen. Schimmel bildet sich ab einer Oberflächentemperatur von ca. 13 °C. Ein sorgfältig ausgeführtes Passivhaus ist bei ausreichender Luftabfuhr deshalb auch immer schimmelfrei. Aus einem Passivhaus kann damit keine Luft unkontrolliert  entweichen.
Pro Person werden aber ca. 1 Liter Wasser und 600 Liter CO2 beim Ausatmen pro Tag abgegeben, so dass 30 m³ Frischluft pro Stunde benötigt werden, die aber so rein und raus strömen sollen, dass keine Zugerscheinung auftritt. Unabhängig von der Anzahl der Personen muß deshalb ein Mindestluftwechsel von 0,3 bis 0,5/h sichergestellt werden. Bei einer 100 m² großen Wohnung sind folglich 75- 130 m³/h oder 20- 26 Liter Luft pro Sekunde zu- und abzutransportieren. Das geht grundsätzlich auch über die Fenster, würde aber bedeuten, dass regelmäßig mehrmals am Tag die Fenster geöffnet werden müssen. Sinnvoll und sicher kann das nur mit einer mechanischen Lüftungsanlage erfolgen. Selbstverständlich kann auch zusätzlich das Fenster geöffnet werden. Wenn die Lüftungsanlage dabei mit einem Feuchte- oder CO2-Sensor geregelt wird, wird sie bei Fensteröffnung automatisch heruntergefahren. Mehrfamilien- Passivhäuser haben in der Regel Lüftungen, die auf eine Mindestluftmenge gedrosselt, aber nicht komplett abgeschaltet werden können, damit es bei Leerstand nicht zu Feuchteschäden kommt.
Um die Luftqualität zu verbessern, wird die Frischluftansaugung mit einem Filter versehen, der 1-4 mal im Jahr gereinigt oder erneuert werden muss, um Pollen und Verunreinigungen abzufangen.Heizkörper, soweit überhaupt erforderlich,  werden im Passivhaus in der Regel an der den Fenstern gegenüberliegenden Wand montiert oder als Fußboden-, Wand- oder Deckenheizung vorgesehen. Die herkömmliche Funktion der Heizkörper unter dem Fenster, die hereinströmende Luft aufwärmen soll, entfällt.
Ein Haus, das so gut gebaut ist, dass es behaglich ist, immer frische, saubere Luft hat, die gleichmäßig im Raum verteilt wird, ist automatisch auch ein Energiesparhaus, so wie ein gut verarbeiteter Daunenschlafsack auch ein Energiesparsack ist.
Im Sommer darf ein Haus nicht über 26 °C aufgeheizt werden. Dazu sind i.d.R. Maßnahmen des sommerlichen Wärmeschutzes erforderlich. Das können Überstände, außen liegender Sonnenschutz, große Speichermasse oder andere passive Maßnahmen sein.
Häufig werden Passivhäuser, die mit Erdwärme versorgt werden, dadurch gekühlt, dass die Wärmepumpe im Leerlauf bodenkaltes Wasser durch das Haus führt oder nachts die Lüftungsanlage kühle Außenluft zirkulieren lässt.Die Mehrkosten beim Bau eines Passivhauses gegenüber einem nach den Vorgaben der Energieeinsparverordnung errichteten Haus betragen 5-15 %.
Durch den geringeren Energiebedarf sind nach aktuellen Berechnungen die Gesamtkosten (Errichtung und Unterhalt) bei einem Gaspreis von 9 €ct/kWh gleich hoch.  Der wesentliche Unterschied ist aber die Qualität des Bauens und die Qualitätssicherung durch Thermographieaufnahmen und Blower Door – Test. Die Dichtigkeit eines Gebäudes ist keine Frage der Kosten sondern der sorgfältigen Ausführung.

Da die gesetzlichen Anforderungen an das Bauen bis 2020 deutlich angehoben werden, wird die Lücke bei den Anforderungen an die Bauteile zwischen Passivhaus und gesetzlichem Standard weiter schrumpfen.
Baukosten für Mehrfamilienhäuser in Passivhausstandard lagen in den letzten Jahren zwischen 1.400 und 1.700 € /m² Nutzfläche für die Kostengruppen 300 und 400. Dazu kommen noch ca. 15 % für die Planung und die Kosten für das Grundstück und die Erschließung.

Erste Evaluierungen über den tatsächlichen Energiebedarf von Passivhäusern zeigen, dass er in der Regel über dem Zielwert von 15 kWh/m²a liegt und ca. 40 kWh/m²a beträgt. Zum Vergleich: ein nach der EnEV 2009 errichtetes Haus hat im Schnitt einen tatsächlichen Verbrauch von 70 kWh/m²a, nach der EnEV 2013 von 50 kWh/m²a. Das Nutzerverhalten hat bei dem sehr niedrigen Grundverbrauch einen großen Einfluss. Wesentlich ist, wie gut der Wärmetauscher der Lüftungsanlage funktioniert und wie oft die Fenster im Winter offen stehen.

Peter Schrage-Aden