PyCCs – das CCS-Verfahren mit dem ökologischen Mehrwert – AkE-Online

Datum: 21.03.2023
Zeit: 17:30 - 20:00


Experten UE: 3-3-3
Moderation: Dr. Robert Wagner
Referentin*en: M.Sc. Constanze Werner, Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung;
Florin Milla, Novocarbo GmbH


Veranstalter: Aktionskreis Energie e.V., Volkshochschule Steglitz-Zehlendorf
Förderung: Umwelt- und Naturschutzamt Steglitz-Zehlendorf

Bildungsvortrag

PyCCs – das CCS-Verfahren mit dem ökologischen Mehrwert – AkE-Online

Die ambitionierten Klimaschutzziele bei der Minderung der CO2-Emissionen sind nicht zu halten. Viele Forscher:innen sind sich einig: Wenn wir das angestrebte 1,5-Grad-Ziel noch erreichen wollen, müssen wir nicht nur die CO2-Ausstöße drastisch senken, sondern auch CO2 der Atmosphäre wieder entziehen. Seit Jahren gibt es daher schon Forschungen zu CO2-Abscheidung und -Speicherung (Fachbegriffe: CO2-Sequestrierung und CCS (englisch carbon dioxide capture and storage)) und Untersuchungen zu geeigneten Lagerstätten.

Gleichzeitig müssen wir die Bodenfruchtbarkeit erhöhen und den Einsatz von Dünger und Wasser reduzieren. Dazu bietet Pflanzenkohle vielerlei Anwendungsmöglichkeiten.

Unsere Referentin*en geben uns zunächst eine Einführung in die Thematik und versuchen eine Unterscheidung und Bewertung der unterschiedlichen CCS-Verfahren. Anschließend werden einige Verfahren zur Herstellung von Pflanzenkohle durch pyrolytische Verkohlung pflanzlicher Ausgangsstoffe vorgestellt.

Constanze Werner erörtert als Einführung den globalen Kontext des Themas zu:
  • der Rolle von CO2-Sequestrierung bei der Einhaltung der Pariser Klimaziele
  • den verschiedenen Methoden der CO2-Sequestrierung
  • den Risiken, Limitierungen und Potenzialen dieser Methoden
und fokussiert in diesem Zusammenhang PyCCS bezüglich:
  • Vor- und Nachteile dieser Methode gegenüber anderer CO2-Sequestrierung
  • Einblicke in die Forschungslandschaft
  • verschiedener globaler Ansätze von PyCCS.

Das deutsche Unternehmen Novocarbo setzt auf so eine „Carbon-Removal“-Technologie, indem es Pflanzenkohle produziert. Damit kann der Kohlenstoff über Jahrtausende sicher gespeichert werden und findet zudem Verwendung als Baumaterial in der Industrie oder als Bodenverbesserer in der Landwirtschaft. Der exotherme Prozess kann zudem zur Wärmeversorgung genutzt werden.

Florin Milla stellt das Konzept der Novocarbo GmbH vor:
  • Carbon Removal mit Pflanzenkohle → Erläuterung PyCCs
  • Pflanzenkohle in der Anwendung – Von Industrie bis Landwirtschaft
  • Wärmewende in Deutschland – der Beitrag von PyCCs
  • Das Modell „Heat as a Service“ als Teillösung für die dezentrale, nachhaltige Wärmeversorgung
und vertieft die energetischen und verfahrenstechnischen Aspekte eines PyCCs Verfahrens:
  • Herausforderungen beim Pyrolyseprozess
  • Anforderungen und Möglichkeiten bei der Verwertung von biogenen Ausgangsstoffen
  • Brennwertnutzung im Vergleich zu Hackschnitzel- oder Pelletverfeuerung
  • Abwärmenutzungskonzepte
  • Größenordnung und Skalierungsmöglichkeiten

Im Anschluss stellen sich die Referenten der Diskussion und stehen für Fragen zur Verfügung.

Die Veranstaltung ist der Auftakt zu einer Pflanzenkohle-Tagung an der FU Berlin am 29. März (Programm).

Eine Zusammenfassung des aktuellen Standes erhalten Sie dann von unserem Referenten Robert Wagner am 4. April  bei der Vorstellung des CarbonStoreAge Projektes (Pflanzenkohle – C-Speicher der Zukunft) im Botanischen Garten.

 

Vortragsunterlagen Dr. Robert Wagner, M.Sc. Constanze Werner und Dipl. Wirtsch.-Ing. Florin Milla:

Aktuelle Artikel zum Thema:

Buchbesprechung von Peter Schrage-Aden zur Pflanzenkohleverkohlung: Cool down – Mit Pflanzenkohle die Klimakrise lösen?

2023-03-11 Tagesschau: Chancen und Risiken der CO2-Speicherung

2023-01-19 Bericht zu Treibhausgasen: SWR, Pascal Kiss – Warum CO2 aus der Luft gefiltert werden muss

2023-01-25 Welche Rolle Biomasse bei der Wärmewende spielen kann: Capital, Paul Bennet – Europas ungenutzte Energiequelle vor der eigenen Haustür

Liebe Energiewender,
dass die Naturgesetze der Erhaltung von Masse und Energie immer gelten, sollte uns auch bewusst sein, wenn wir hinter Förder- & Forschungsgeldern her sind. Wo grundlegendste Naturgesetze missachet werden, sollten wir als Scientists darauf hinweisen.

Ich habe mir deshalb die Mühe gemacht, mal Fakten und Argumente zusammenzutragen gegen Wasserstoff und Treibstoff aus Biomasse – auch CO2-negativ.

„Warum Treibstoff aus Biomasse und CCS mittels Pyrolyse und Biokohle Irrwege sind“
https://drive.google.com/file/d/1L94c3Bjq4utC2ZFQVI2oG30GrzZ5DJ4M

Im Dokument findet ihr auch Links auf meine Dossiers mit Quellenangaben im Detail.
Herzliche Grüße
Dr. Michael Huber

➤ Sofern Biomasse nicht sinnvoller in langfristiger Kaskaden-Nutzung für Holzbau, Dämm- & Faserwerkstoffe o.ä. konserviert werden soll, gilt es weniger technische, sondern primär ökonomische Herausforderungen zu bewältigen, um sie zu (angeblich) »klimaneutraler Biokohle« zu degradieren und diese dann auch irgendwie dauerhaft zu deponieren…
Nimmt man für typische Zellulose-Substrate wie Stroh, Holz o.ä. idealtypisch ungefähr die Stöchiometrie von Kohlenhydraten (CHOH)n, so lässt sich – theoretisch – 1 Kilogramm absolut trockene Biomasse bei vollständiger Verkohlung (unter Entzug von 600 g Wasser) auf ≈ 400 g reinen Kohlenstoffgehalt kondensieren
➯ entsprechend 1,467 kg gebundenem CO₂
(das 3,67-fach höhere CO₂-Gewicht ergibt sich durch Bindung von Luftsauerstoff) 
Der so verbleibende reine Kohlenstoff besitzt einen energetischen Brennwert
Hs ≈ 0,4 kg * 9,11 kWh/kg = 3,64 kWh
https://gammel.de/de/lexikon/heizwert—brennwert/4838 Gegenüber der eingesetzten Trocken-Biomasse
(Zellulose: typisch Hs ≈ 4,8 kWh/kg) setzt die rein anaerobe Verkohlung also ≈ 1/4 des Brennwertes frei (exotherm), was in der Praxis aber bestenfalls ausreicht, um das bei der Reaktion anfallende Wasser zu entziehen…
Die nach der Trocknung letztlich verbleibende Abwärme ließe sich i.d.R. höchstens noch auf niedrigem Temperaturniveau nutzen – z.B. für kalte Nahwärme.
➯ Wer zusätzlich zur Produktion von Pflanzenkohle eine technisch nutzbare Wärme-Ausbeute anstrebt, muss also stets einen größeren Teil des Kohlenstoffs mit Sauerstoff zu CO₂ verbrennen, schon um den Eigenbedarf der Prozesse zu decken und damit es überhaupt wirtschaftlich interessant wird…
➤ Beispielhaft konkrete Angaben finden sich in diesem Artikel von Martin Jendrischik:
»Wie innovative Technologien Nuss-Abfälle in der Schokoladenproduktion zur wertvollen Ressource machen«
Die beschriebene Pyrolyse-Pilotanlage soll angeblich pro Jahr aus 10.000 Tonnen Kakaobohnenschalen
≈ 20 GWh/a Heißdampf-Prozesswärme liefern
(≈ 2,5 MW × 8000 h/a – Stromerzeugung scheint dabei kaum lohnend) und so jährlich einerseits ≈ 5.500 Tonnen CO₂ einsparen (verglichen mit Erdgas-Verbrennung), während andererseits ≈ 10.000 Tonnen CO₂ in Form von Pflanzenkohle gebunden bleiben sollen, entsprechend einem Gewicht von ≈ 2.700 Tonnen reinem Kohlenstoff
(= 27% vom eingesetzten Substrat-Gewicht)
Spezifische Brennwert-Angaben zu Kakaobohnenschalen sind schwer zu finden; dafür allgemeine Richtwerte für industrielle Reststoffe wie Nussschalen mit Ø Hs ≈ 6,5 kWh/kg bei einem Kohlenstoffgehalt von 60%, was deutlich über den 40% gewöhnlicher Zellulose-Substrate liegt und einen besonders hohen Kohlenwasserstoff-Anteil voraussetzt (Fette, Harze o.ä.)

https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/1410/publikationen/2019-09-24_texte_115-2019_biorest.pdf#page=226

➯ Auf Basis dieser Angaben verbrennt die Pilotanlage bei besten Voraussetzungen über die Hälfte des Kohlenstoffgehaltes (33%) zu CO₂ und liefert letztlich nur 27% in Form von Pflanzenkohle, entsprechend einem verbleibenden energetischen Brennwert

Hs ≈ 0,27 kg * 9,11 kWh/kg = 2,46 kWh

≈ 29% vom eingesetzten Substrat (mit Hs ≈ 6,5 kWh/kg)
➯ 71% ≈ 4 kWh/kg verbraucht der Pyrolyse-Prozess (inkl. Abwärme-Nutzung)

Immerhin – besser als nichts, doch der Nutzen bleibt so bescheiden, wie der Wirkungsgrad, wenn mit 10.000 Tonnen Kakaobohnenschalen pro Jahr ≈ 40 GWh/a Netto-Brennwert verheizt werden, um letztlich nur 20 GWh/a Prozesswärme effektiv nutzen zu können.

Noch schlechter wären die Verhältnisse, wenn gewöhnliche, weniger fette Substrate mit geringem Heizwert und hohem Feuchte- oder Aschegehalt genutzt würden….

➯ »Nichts gewesen, außer Spesen?« 
Kritisch muss man also fragen, ob letztlich nicht mehr CO₂ eingespart würde, wenn statt technisch aufwändiger Pyrolyse einfach eine vollständige Verbrennung, aber dafür mit maximalem Wirkungsgrad betrieben würde.
Doch es wird deutlich, dass der wesentliche Nutzen wohl primär in der grandiosen Propaganda als Werbung für besonders »grüne« Schokoladen-Fabrikation besteht, die sich so unter exklusiv schickem Label mit erhöhter Gewinnmarge verkaufen lässt.
Dafür genügt schließlich, wenn man dem staunenden Publikum samt begeisterten Politikern und jubelnd berichtenden Medien gerade mal eine handvoll echter Pflanzenkohle präsentiert, um großspurig mit dem Prädikat »CO₂-negativ« werben zu können…
➯ Genau das ist der Trick moderner Alchemisten, von dem sich viele blenden lassen!

 


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