Kalte Nahwärmenetze fördern, für eine echte Energiewende im Gebäudebereich

In der Diskussion um Alternativen zur Wärmeerzeugung mit Gas und Öl wird fast ausschließlich von der Luftwärmepumpe gesprochen, die teuer und laut sei und bei Bestandsgebäuden die erforderlich höheren Vorlauftemperaturen nur mit geringer Effizienz bereitstellen könne, die sich bei niedrigen Außentemperaturen auch noch verschlechtert. Das ist verkürzt dargestellt.

Wesentlich effizienter als Luftwärmepumpen sind solche, die auf andere Wärmequellen zugreifen, wie Erdwärme, die über sogenannte kalte Nahwärmenetze großflächig verteilt werden kann. Der große Vorteil von kalten Netzen ist, dass sie aufgrund der niedrigen Temperatur des zirkulierenden Wärmeträgermediums (Wassers-Glykol-Gemisch) von ca.10 – 15 Grad keine Leitungsverluste haben und ca. 1,50 m tief vergraben, nicht gedämmt werden müssen. Im günstigsten Fall wirkt das verzweigte Verteilnetz sogar noch als Flächenkollektor und nimmt Wärme aus dem umgebenden Erdreich auf.

Aufgrund der geringen Wärmeverluste sind außerdem große Leitungsdistanzen von bis zu 2 Kilometern möglich. Die einzelnen Gebäude, die über so ein Netz verbunden werden, benötigen jeweils eine Wärmepumpe, die auf diesen Wärmeträger zugreift und die Temperatur auf die erforderlichen 40-60°C zum Heizen oder Trinkwarmwasserbereitung anhebt. Die Effizienz, ausgedrückt durch die sogenannte Jahresarbeitszahl, ist dabei deutlich höher als bei Luft-WP und kann bei 4 bis 5 liegen. Das bedeutet, dass man mit einer kWh Strom 4 bis 5 KWh Wärme bereitstellen kann.

Am 28.3.2023 hat Professor Giel von der Hochschule Mainz beim AkE das Konzept von kalten Nahwärmenetzen erläutert und erfolgreiche Projekte aus der Praxis vorgestellt. Die erforderliche Wärmemenge für ein Quartier kann z.B. aus einem günstig gelegenen Sondenfeld in der Nähe gewonnen werden, indem eine erforderliche Anzahl von Erdsonden bis zu 100 m abgeteuft werden. Mit einem verzweigten kalten Nahwärmenetz wird diese Wärme dann über eine Ringleitung an die Abnehmer verteilt. Das heißt, es ist nicht notwendig, hinter jedem Haus Bohrungen vorzunehmen, wo das oft gar nicht möglich ist.

Solche Netze können als Maschen aufgebaut und je nach Bedarf erweitert werden. Dabei können auch andere Wärmequellen, z.B. Abwärme aus Rechenzentren oder auch aus dem Innerstädtischen Kanalsystem (siehe AkE 25.4.2023), eingespeist werden. Ein weiterer Vorteil des niedrigen Temperaturniveaus im Verteilsystem ist die Kühlfunktion im Sommer. Durch die niedrige Temperatur kann das Wärmeträgermedium direkt zur Wärmeabfuhr aus den Gebäuden genutzt und damit auch noch die Sondenfelder regeneriert werden.

In Mainz funktioniert das sehr gut, auch in Bremen wird gerade eine größere Anlage für eine typische Bremer Reihenhaussiedlung realisiert. In Berlin weigert sich die Verwaltung noch, diese Technik aktiv zu fördern. Berechtigter Weise gibt es Sorgen, dass bei der Nutzung von Erdwärme das Grundwasser beeinträchtigt werden kann. Aber diese Vorbehalte können in einem konstruktiven Dialog ausgeräumt werden.

Wir hoffen, dass solche Konzepte bei der Planung von neuen Siedlungen wie z.B. in Lichterfelde Süd oder auf dem Flughafen Tegel Berücksichtigung finden. Wir hoffen, dass die neue Koalition einen solchen Schritt in ihrem Koalitionsvertrag berücksichtigt. In Mainz wurde an realisierten Beispielen nachgewiesen, dass kalte Nahwärmenetze in Verbindung mit Wasserwärmepumpen preiswerter sind als konventionelle Lösungen oder heiße Wärmenetze aus Kraft-Wärme-Kopplung, wie wir sie in Berlin kennen. Da zirkuliert heißes Wasser mit über 90°C und das Gesamtnetz hat dabei über 100 MW Verluste, trotz guter Dämmung.

Anregung für den Koalitionsvertrag:

Es wird eine senatsübergreifende Arbeitsgruppe gebildet, die innerhalb eines halben Jahres Handlungsoptionen vorstellt, wie Geothermie und Kalte Nahwärmenetze auf der Grundlage von Geothermie und Abwärme zielgenau gefördert werden können. Hemmnisse sind so aufzubereiten, dass Lösungsansätze abgeleitet werden können. Diese Technik ist bei Neubauvorhaben, z.B. Tegel, in B-Plänen und städtebaulichen Verträgen zu berücksichtigen.