Schienenleger und Weichenstellerin gesucht

Warum eine starke grüne Beteiligung in der neuen Regierung entscheidend ist.

Liebe Freundinnen und Freunde.
Eine weitere Regierung, die konsequenten Klimaschutz verweigert, können wir uns nicht mehr leisten. Vor 4 Jahren waren es die Taifune, die die Karibik, das Paradies unserer Urlaubsträume verwüsteten, heute steht New York unter Wasser. Es sind die Waldbrände und Überschwemmungen, die uns lehren, dass wir wirklich die Richtung ändern müssen, in die unsere Gesellschaft fährt.

Ich habe 27 Jahre in der Umweltverwaltung gearbeitet. Davor war ich Entwicklungshelfer im südlichen Afrika und die letzten Jahre ehrenamtlich Vorsitzender des Aktionskreis Energie e.V., der in über 300 Veranstaltungen nachgewiesen hat, dass eine Energiewende im Gebäudebereich möglich und bezahlbar ist. Ich erwähne das, weil meine Empfehlungen für die Wahl auf diesem Erfahrungshintergrund erfolgen.

In Afrika habe ich mit eigenen Augen gesehen, wie sich der Klimawandel über die letzten 40 Jahre auf das Leben der Menschen auswirkt, wie Trockenheit im letzten Jahr oder übermäßiger Regen in diesem die Ernten vernichtet und ungerechte Handelsbeziehungen wirtschaftlichen Aufschwung verhindert. Auch vor Corona, die hat alles noch einmal verschärft. Die Rohstoffe für die Energiewende werden immer noch zu einem überwiegenden Teil bei unmenschlichen Arbeitsbedingungen, oft von Kindern, und mit gewaltigen Umweltzerstörungen erzeugt.

Während meiner Tätigkeit im Umweltamt konnte ich anderseits erleben, wie es in den letzten Jahrzehnten möglich war, verseuchte Böden zu reinigen, Flüsse wieder fischbar und die Luft in Berlin um ein Vielfaches sauberer zu machen. Ihr erinnert euch vielleicht noch an den Schwefelgeruch im Winter, an den Geruch von PER in den Reinigungen, an das dreckige Wasser in der Elbe.
Hier hat eine konsequente Umweltpolitik auf Druck einer breiten Umweltbewegung in den 70ern passende Gesetze und deutliche Verbesserungen hervorgebracht.

Das war möglich, weil die Umwelt eine starke Lobby hatte und in der Bevölkerung der Wille zumMitmachen bestand. Der Wille zum Mitmachen besteht nach den aktuellen Umfragen weiterhin.

Die vergangenen 30 Jahre haben bestenfalls den Boden bereitet für die „Große Transformation“ die vor uns liegt. Ich habe immer wieder erlebt, wie Vorschläge, die sich im Nachhinein als richtig erwiesen, nicht umgesetzt wurden, weil es immer „Sachzwänge“ gab. Ohne das scharfe Schwert eines Vetorechtes der Umweltverwaltungen, vom Ministerbüro bis hinunter zu den Bezirken und Gemeinden wird es nichts werden. Das zeigen die Erfahrungen aller Kommunen. Selbst einfach gesetzliche Regelungen werden mehrheitlich nicht beachtet, wenn dahinter keine Administration steht, die sie durchsetzt. Fragen Sie nur mal in ihrer nächsten Schule oder Rathaus wo der Energieausweis hängt. Das ist seit 15 Jahren vorgeschrieben, aber nicht umgesetzt.

In den letzten Jahren hat die Bundesregierung und die EU-Kommission einige wichtige Maßnahmen auf den Weg gebracht. Ein New Green Deal soll die Wirtschaft umkrempeln. Das neue Europäische Bauhaus soll zeigen, wie wir und das wir klimagerecht wohnen können. Da sind alle dafür. Aber in welchem Tempo und mit welcher Ernsthaftigkeit? Die SPD, um ein Beispiel aus Berlin zu nehmen, hat gerade die Novellierung des Baugesetzbuchs, an dem intensiv seit Jahren gearbeitet wurde, auf dem letzten Meter gestoppt. Zu viel Klimaschutz verhindere schnelles Bauen. Ähnliche Rückwärtsrollen beobachten wir gerade bei der Verkehrspolitik, wo Frau Griffey nicht müde wird, vor der autofreien Stadt zu warnen und auf teure U-Bahnen setzt, statt die Straßenbahn auszubauen.

Ich glaube gern, das Svenja Schulze als Umweltministerin entschiedener vorgehen möchte, „die Zeit für Symbole ist vorbei“ schrieb sie schon 2019. Aber sie wird ausgebremst, sie hat für ihr Anliegen keine Mehrheit, keine Gesprächspartner in der eigenen Partei. Das gilt bei der Gebäudesanierung oder der Energiepolitik, aber noch mehr bei der Landwirtschaft und der Ernährung. Hier traut sich die CSU und ihre Frau Aigner nicht.

Eine erfolgreiche Umwelt- und Klimaschutzpolitik braucht einen Partner in der neuen Regierung, für den dieses ein Schwerpunkt ist und der in den eigenen Reihen dafür die uneingeschränkte Rückenstärkung hat.
Viele Verbände, die Gewerkschaften, die Architekten und Handwerker drängen auf klarere Vorgaben und entschiedenes Handeln, wie es z.B. Paris bei der Verkehrswende vormacht.

Diese Rolle können nur die Grünen spielen, dafür sind sie einmal gegründet worden. Für mich ist der Klimaschutz einer der wesentlichen Zukunftsaufgaben. Vor 4 Jahren schrieb ich „die Überschwemmungen in Houston haben gezeigt was passiert, wenn man gedankenlos immer mehr Flächen versiegelt und das Regenwasser nicht versickern kann. Die noch dramatischeren Überschwemmungen in Bangladesch haben gezeigt was passiert, wenn die Wälder in den Quellgebieten der großen Flüsse Asiens gerodet und Überschwemmungsgebiete anders genutzt werden.“ Hat sich daran in den vergangenen vier Jahren sehr viel geändert, außer das jetzt alle von Klimaanpassung sprechen?

Eine konsequente Umwelt- und Klimapolitik sichert nicht nur bei uns das Wasser, den Boden und die Luft und damit unsere Gesundheit, sie ist auch ein wichtiges Zeichen für andere, das es möglich ist.
Klimaschutz ist Gesundheitsschutz und der muss Vorrang haben.

Deutschland konnte sich seine Position in der Welt erarbeiten, weil eine grüne Regierungsbeteiligung auf verschiedenen Ebenen dafür die Voraussetzungen geschaffen hat. Unsere Windanlagen waren weltweit die Besten, weil es 2000 ein Erneuerbare-Energien-Gesetz unter Rot Grün gab. Dieses Gesetz wurde weltweit zum Vorbild kluger Energiepolitik.

Die großen Volksparteien müssen viele „Kunden“ bedienen, sie sind vielfältig gefangen in alten Verpflichtungen. Für den Umbau der Industriegesellschaft brauchen wir aber Chance Agent, das geht nicht von allein. Wir brauchen Schienenleger und Weichensteller, die den Zug in die richtige Richtung fahren lassen.

Ich behaupte nicht, dass die Grünen die bessere Partei sind. Sie hat aber eine andere Geschichte und Entwicklung. Sie repräsentiert den Wandel, weil sie aus dem Wunsch nach Wandel, den Willy Brandt einmal formuliert hat, entstanden ist. Wenn Sie also wollen, dass der Klimawandel im Mittelpunkt der Politik stehen soll und das die Energiewende und die Verkehrswende konsequent so weitergeführt werden, dass daraus eine für alle bessere und gerechtete Welt wird (und es ist gerecht, wenn das Kind mit dem Rad auf dem Fahrradweg sicher zur Schule radeln kann) brauchen wir eine starke grüne Beteiligung in der nächsten Regierung.

Ich bin davon überzeugt, dass Deutschland noch viel mehr in Richtung einer großen Transformation leisten und dabei seinen Vorsprung als Exportland halten kann. Das Automobil war das Zugpferd der Konjunktur, in Zukunft wird es das integrierte Verkehrssystem und die Digitalisierung sein. Dafür steht die „Industrie 4.0“, ein deutscher Begriff, eine Norm, die viele Länder übernommen haben. Aber der Vorsprung muss auch gehalten werden.

Wenn Sie in irgendeinem Bereich innovativer Technologie schauen werden Sie merken, das grüne Ideen dort tiefe Wurzeln geschlagen haben. Aber, diese Wurzeln müssen gegossen, die neuen Triebe geschnitten und kultiviert werden, so wie der Winzer seinen Rebstock lenkt. Dazu braucht es erfahrene Winzerinnen und Winzer, die nur das machen, sich darauf konzentrieren, dass diese Transformation sozialverträglich gelingt.

Die Grünen haben sowohl auf Bezirks-, Landes- wie Bundesebene gute KandidatInnen. Für meinen Heimatbezirk tritt Lisa Paus als Direktkandidatin für den Bundestag an, die in den letzten Jahren bewiesen hat, dass sie sich mit den Finanzmärkten auskennt und anlegt. Die Regulierung der Finanzmärkte ist eine lange liegengebliebene aber elementare Aufgabe, wie uns die Finanzkrisen der Vergangenheit belehrt haben. Die Welt stand am Abgrund, weil sich Banken verzockt hatten.

Deshalb meine Wahlempfehlung. Geht hin, verschenkt eure Stimme nicht, sorget dafür, dass die neue Regierung so zusammengesetzt ist, dass der ökologische Wandel kompetente SchienenlegerInnen hat. Wohin? Vielleicht ein wenig Bullerbü, aber vor allem enkeltauglich. Weniger Autos, dafür mehr Grün, mehr Spaß auf der Straße und einen gerechteren Handel mit dem globalen Süden.

Als Landkarte empfehle ich die Wahlprüfsteine der Architektenkammer Berlin und das 22-Eckpunkte Papier der AGORA Energiewende.

Ihr Peter Schrage-Aden
Über Anregungen freue ich mich.